Wo wird das enden?

Wo siehst du dich in fünf Jahren? Irgendwie eine ziemlich blöde Frage. Eine Frage, die noch mehr Fragen aufwirft. Vielleicht ist sie deshalb doch eine gute Frage, um uns mit uns und unseren Gefühlen auseinanderzusetzen und herauszufinden, was wir im Leben wollen und wer wir sein wollen.

Wo sehe ich mich in fünf Jahren? Mit 38 — diese Zahl muss ich erstmal begreifen, erstmal realisieren. Ich kann mir dieses Alter gar nicht vorstellen, kann mich nicht daran erinnern, dass ich mir je Gedanken darum gemacht habe, was mit mir ist, wenn ich 38 bin. Manche Menschen haben ja eine ganz bestimmte Vorstellung davon, was mit ihnen ist, wenn sie 38 sind — ich hatte das nie, weder in Bezug auf Familie noch in Bezug auf Karriere. Ich dachte nur immer, dass mein Leben mit 30 bestimmt besser sein würde.

Daran gedacht, dass ich in einer Beziehung bin (um genauer zu sein in einer monogamen heterosexuellen Beziehung) habe ich schon, aber irgendwie war das auch immer sehr weit entfernt von dem, was ich mir richtig vorstellen konnte. An Kinder habe ich nie gedacht, witzigerweise habe ich trotzdem eins, aber keine Beziehung: Ironie? Ich gehörte nie zu den Menschen, denen es leicht fiel überhaupt eine Beziehung einzugehen oder zu führen. Mittlerweile glaube ich, dass das eine klare Entscheidung war — gegen eine monogame heterosexuelle Beziehung, aber auch vielleicht gegen eine allgemein. Ich bin da in meiner Comfort Zone. Klappt halt nicht: zu fett, zu hässlich, zu busy, zu modern, zu feministisch, zu langweilig, zu, zu, zu… (Wenn wir ein Zu finden wollen, finden wir auch eins.)

Irgendwann sind alle mal zu. Wir sind zu. Ich bin zu. Auch mal zu zu sein ist wichtig. Nicht umsonst machen wir mal die Tür zu, das Fenster zu, den Vorhang zu. Aber immer zu zu sein, ist auf Dauer anstrengend und dann müssen wir auch mal wieder aufmachen. Was passiert dann, wenn wir aufmachen? Keine Ahnung. Wahrscheinlich etwas Wundervolles, wenn wir das wollen.

Das Problem mit dem Alter und dem Zu-sein ist, dass sie sich oft zusammen tun und dass das Zu-werden eine Reaktion auf das Alter ist. In der Gesellschaft fangen wir dann oft an diesen Unterton zu hören und andere Emotionen wahrzunehmen, die uns mitteilen wollen: „Du bist jetzt über 30, du musst wissen was du willst, du musst einfach.“ Oder: „Wenn es bis 30 nicht geklappt hat, wird es nie klappen — du bist jetzt zu alt!“ (Da haben wir es wieder, das Zu.) Es reißt uns mit und ehe wir uns versehen, werden wir von Menschen und deren Meinungen getragen und herumgereicht und wir lassen uns herumreichen, mitreißen mit dem Strom der „Nu is eh zu spät“-Masse und können nicht fassen, was wir alles falsch gemacht haben in unseren 20ern. Scheiße.

Wo wird das enden? Wahrscheinlich in nichts Gutem: Wenn der Kopf mehr redet als das Herz, haben wir ein Problem. Aber wie machen wir das? Ich kann es euch nicht sagen. Gefangen in der Zu-Spirale weiß ich auch nicht wie ich herauskomme, wie ich den Kopf verstummen lassen kann und das Herz sprechen lasse. Wieso ist es nur so schwierig, wenn wir doch so oft viel mehr fühlen als denken?

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