Ich finde mich toll, oder?

Die Frage ist doch eigentlich, warum wir uns nicht toll finden sollten. Wir sind super. Wir sind schön, intelligent, witzig und überaus sympathisch. Ja, WIR alle. Ich kenne euch nicht, aber ich bin mir sicher, dass ihr alle total toll seid. Warum? Weil wir alle einzigartig sind und Freunde*Innen haben, die uns genauso mögen wie wir sind. Und Menschen, die uns nicht mögen sind meistens nicht unsere Freunde*Innen – zumindest nicht, wenn wir uns toll finden, weil wir dann unseren eigenen Wert erkennen und uns nicht mit Menschen abgeben, die uns nicht toll finden; vielleicht liegt genau da das Problem, das Problem des „Oders“, der Grund warum wir unser Tollsein in Frage stellen, weil wir uns zu oft mit Menschen abgeben, die uns nicht so mögen wie wir sind. Es ist ein Teufelskreis.

Selbstliebe und Selbstwert fängt – so scheiße es ist – bei uns an. Warum das scheiße ist? Weil es harte Arbeit bedeutet. Für diejenigen, die von ihren Eltern oder ihrer Familie nur kritisiert wurden und immer um Anerkennung ringen mussten, müssen erstmal verstehen, dass sie nichts dafür tun müssen, um geliebt zu werden und Anerkennung für die Person zu bekommen, die sie sind. Diejenigen dagegen, die von ihren Eltern nie kritisiert wurden und für alles Anerkennung bekommen haben, müssen in der „echten“ Welt verstehen, dass es auch Menschen gibt, die sie nicht leiden und lieben können, aber dass sie trotzdem so total in Ordnung sind wie sie sind. Wir sind alle gleichwertig. Allgemein gibt es nur sehr wenig Menschen, die mit einem gesunden Mittelmaß aufgewachsen sind und total super mit sich und ihrer Umwelt klar kommen. Ich gehöre definitiv nicht zu diesen Menschen.

Ich denke mit der Liebe zu sich selbst ist es wie mit der Liebe zu anderen: Man weiß, dass man sich liebt und toll findet, aber an manchen Tagen will man sich selbst eine reinhauen: Ein ganz normales Liebesverhältnis also. Wenn wir ehrlich sind geht es uns mit den Menschen, die wir lieben, genauso. Deshalb denken wir nicht gleich, dass wir sie nicht mehr lieben. Warum sind wir dann strenger mit uns als mit anderen?

Uns fehlt oft die Empathie und Geduld für uns selbst. Wir fühlen uns unter Druck, wollen alles sofort, streben nach Perfektion und wollen von allen gemocht werden. Wir versuchen das Unmögliche, was von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Warum nicht mal gelassener sein und sagen: „Hey, da war ich mega der Hammer, einfach cool, die*der Beste,“ oder „Ja man, da war ich echt scheiße.“ Wieso können wir uns nicht unser „Sein“ erstmal genauso eingestehen wie es ist – manchmal halt cool und manchmal halt scheiße. Wieso können wir uns dann nicht freuen, wenn wir cool waren und auch mal enttäuscht sein, wenn wir kacke waren? Wieso können wir uns dann nicht einfach verzeihen – sowie wir anderen verzeihen, wenn sie kacke waren – und uns bei anderen nicht einfach entschuldigen und gut is‘? Eigentlich ist es ganz einfach. Es wird auch einfacher, wenn wir uns mit Menschen umgeben, die genauso liebevoll mit uns umgehen, wie wir mit ihnen (und uns umgehen sollten). Oft sind wir mit uns nicht so empathisch und nachgiebig, weil es vielleicht auch kein anderer aus unserer Familie war (siehe Problem am Anfang des Textes). Ja, die Beziehung mit der Familie ist eben nicht immer einfach – nicht umsonst gibt es unzählige Studien, die sich mit Familienverhältnissen beschäftigen und immer noch stoßen wir auf ein komplexes Gebilde dessen und bekommen meistens keine befriedigende Antwort wenn wir uns fragen: „Was bedeutet Familie eigentlich?“ Und dabei lautet die eigentliche Frage wahrscheinlich eher: „Was bedeutet Familie für mich?“

Aber auf die Bedeutung von Familie möchte ich jetzt gar nicht tiefer eingehen. Mein Punkt ist eher, dass unserem Tollsein meistens Menschen aus unserer Familie im Wege stehen und wir uns dann oft Menschen außerhalb unserer Familie suchen, die unserer Familie ähneln und weiterhin unserem Tollsein bzw. unserem Tollfinden im Wege stehen. Die Lösung des Ganzen ist: Ausbrechen! Begreifen, dass wir gleichwertig sind, begreifen, dass wir von Geburt an als wertvolle Menschen auf die Welt kommen; begreifen wer wir sind, indem wir zulassen was wir fühlen, denken und tun und uns auch selbst verzeihen. Nur indem wir das alles zulassen, können wir herausfinden wer wir sind, uns ändern, wenn wir das wollen und Menschen finden, die uns gut tun, die uns akzeptieren und uns genauso wertvoll behandeln wie wir sind.

Toll sein ist natürlich nicht perfekt sein, aber sobald wir uns toll finden, werden wir auch das Gefühl haben perfekt zu sein – nicht nur für uns, sondern auch für andere. In diesem Sinne: Ich finde mich toll und ihr seid es auch.

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